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AutorenbildJosephine

Deine Wahl: Fallen oder Fliegen (Teil 2/2)

Vor einigen Jahren fuhr ich auf dem Oktoberfest das Fahrgeschäft „Free Fall“. Für die, die es nicht kennen, es ist ein Gefühl, wie wenn der Aufzug schnell runterfährt, und es den Bauch so komisch hochhebt… Damals stieg ich ein, ganz bewusst mit dem Vorsatz, innerlich loszulassen und es vollkommen zu genießen. Der Ansager treibt immer seine Spielchen mit den Fahrgästen und so weiß man nicht, wann er den Knopf drückt, und es abwärts geht. Sich voll hineinzubegeben, regelrecht entspannt zu sein, zu vertrauen und dieses Gefühl im Bauch und Körper durch einen rasen zu lassen, ganz bewusst, ohne jeglichen Widerstand… Natürlich kommt der kurze Gedanke im Kopf auf: was, wenn etwas passiert? Aber ich lasse ihn nicht weiterkommen, als bis zur ersten Grenze. Das Leben möchte erfahren und gelebt werden.


Die Chance ist immer 50/50. Es kann so kommen, wie man es sich wünscht oder anders – fliegen oder fallen. Der Buddhist würde jetzt sagen, in jedem Fall ist es eine Erfahrung, für die es dankbar zu sein gilt. Dr. Joe Dispenza würde sagen, „Where attention goes, energy flows.“ Wenn die Chance nun 50/50 ist und du möchtest ein bestimmtes Ereignis erzielen, dann richte deine volle Aufmerksamkeit in Form von Energie auf deine gewünschten 50%. Es geht übrigens auch nicht darum, keine Angst mehr vor den Dingen zu haben, sondern sie zu bemerken und es dennoch zu tun, wenn es der eigenen Absicht, dem Wunsch entspricht. Sich nicht von der Angst bremsen zu lassen und in der Sackgasse zu verharren. Oder seine Komfortzone bis ins letzte Eckchen auszugestalten, damit es so wohlig darin ist, dass man einfach nicht raus möchte. Dahinter steckt meistens die Angst vor Ablehnung, Kontrollverlust, Scham, Verletzlichkeit entstanden aufgrund von früheren Erfahrungen. An der Stelle kann ich den TED Talk von Brené Brown wärmsten empfehlen.

Aus der eigenen Komfortzone und gedachten Angst kann man sich raus trainieren, in dem man sich selber individuell oder z. B. mit guten Freunden kleine Übungen setzt, die einem sehr viel Mut abverlangen. Die Übungen zeigen einem aber, dass es ersten nicht so schlimm war, und zweitens, dass es sogar Spaß gemacht hat. Und viel wichtiger: ich habe es überlebt. Ich kann euch vorweg sagen, wenn das Herz richtig stark pocht, als würde es fast rausspringen, war die Aufgabe richtig gewählt 😉 Um mir Inspiration zu holen, bin ich beim Recherchieren mal auf eine Seite mit 100 Ideen gestoßen, wie man die Angst vor Ablehnung ablegen kann. Jeder hat hier übrigens ganz unterschiedliche Hemmungen und Grenzen. Beispiele könnten sein: kalt zu duschen, ungeschminkt zum Einkaufen zu gehen, in der Tram die nächste Station ansagen, jemanden Fremden beim Spazierengehen ein Kompliment machen, die verkümmerte Fremdsprache aus Schulzeiten im Urlaub zu sprechen … der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Wenn man seine Ziele im Leben erreichen will, ist es nötig neue Wege zu gehen und damit verbunden ist meistens eben auch, neue Dinge zu tun oder sie anders zu tun, als bisher. Solche kleinen Übungen helfen dabei die Angst vor Ablehnung a) zu erkennen, b) sie einfach mal bewusst wahrzunehmen inkl. innerem Kommentator und c) zu sehen, dass man es überlebt hat, nachdem man es getan hat.

Eine Tür geht zu und hundert neue öffnen sich

Neben der bewusst gewählten Neuausrichtung gibt es natürlich auch den Fall, dass das Leben kurzfristig, situativ mal übernimmt, zum Beispiel, in dem es einem eine Tür vor der Nase zuschlägt, ein gewohntes Umfeld zum Einstürzen bringt und man vor die Tatsache gestellt wird, die neuen Umstände akzeptieren und neue Wege gehen zu müssen. Je nachdem, in welcher Lebenssituation einem sowas passiert – 2020 und Corona haben es vielseitig gezeigt – reagieren die Menschen unterschiedlich auf derartige Veränderungen. Im ersten Moment gibt es die bekannten drei Stadien: Flight, Fight, oder Freeze. Hier reagiert jede Person vollkommen unterschiedlich und wählt instinktiv, entsprechend ihres Empfindens der Situation, ob sie flüchtet, kämpft oder in Schock verfällt. Das Gefühl, wenn der Boden unter den Füßen weggezogen wird und man erstmal keine Lösung sieht, hat der ein oder andere bestimmt schon mal erlebt. Im ersten Moment des Ereignisses übernimmt das Gehirn, weil es den Menschen unverzüglich in Sicherheit bringen und größtmöglichen Schaden verhindern möchte. Diesen durch den Instinkt kontrollierten Zustand muss man überstehen, denn rationales, klares Denken ist vorerst nicht möglich.

Was also tun? Nachfolgend ein paar Vorschläge aus eigener Erfahrung, die aber bitte nur als Möglichkeiten und keine therapeutische Anweisung angesehen werden sollten. Der Umgang mit kritischen Situationen ist 100% individuell. Ein Allheilmittel gibt es nicht.  

  1. Generell: das innere Gewitter vorbeiziehen lassen, bevor man irgendetwas unternimmt.

  2. Ins Hier und Jetzt kommen. In diesen EINEN Moment, wo im Inneren gerade ein Hurrikan aus diversen Gefühl wütet.

  3. Tief ein- und ausatmen und merken, ob man gerade überhaupt atmet. Du wärest erstaunt, wie viele Menschen unbemerkt die Luft anhalten, ohne es zu merken. Atem ist Lebensenergie, im Yoga „Prana“ genannt. Lass die Energie, die unweigerlich in dir existiert, wieder bewusst fließen und erkenne erneut, dass du hier gerade bist. 

  4. Spüre deine Füße auf dem Boden, bewege deine Zehen, merke deinen festen Stand. 

  5. Je nach Situation können körperliche Befindlichkeiten auftauchen. Versuch sie wahrzunehmen. Vielleicht ist da riesige Wut im Bauch oder ein Schmerz irgendwo. Nimm alles einfach nur wahr. 

  6. Definitiv keine Kurzschlussreaktionen unternehmen und in dem Zustand Entscheidungen treffen. Erstmal die Emotionen durch- und vorbeiziehen lassen.

  7. Ich weiß, dass es sehr eklig ist, aber das Gefühl des Nichts, was jetzt vielleicht gerade da ist, einfach mal aushalten und es nicht weghaben wollen. Es wahrnehmen und sonst nichts tun. Einfach in dem Moment das Gefühl annehmen und da sein lassen

  8. Je nachdem, was du für ein Typ bist (ganz wertungsfrei!), kann es passieren, dass Alkohol, Süßigkeiten oder Junk Food in so einer Situation schnell Linderung verschaffen sollen. Eine wirkliche Hilfe sind sie nicht, daher würde ich davon abraten. Wenn es aber einfach nicht anders geht, dann verurteile dich dafür nicht und hake es anschließend einfach ab. Next time, you’ll do better.

  9. Statt den Kummer mit zusätzlich noch schlechtem Essen und Trinken runterschlucken zu wollen, frag dich lieber: was brauche ich jetzt, damit es mir besser geht? Die Frage mag im ersten Moment vielleicht ungewohnt und schwer zu beantworten sein, man kann es aber üben. Die kleine, leise Stimme in einem weiß eine Antwort, wenn du zuhörst. Mögliche Ideen: auf die Couch oder ins Bett legen und mit der Decke einkuscheln, Musik hören, TV schauen, spazieren gehen, Joggen, ins Kissen schreien, das Kissen gegen die Wand werfen.

  10. Um die Gefühle rauszubringen, ist aufschreiben eine sehr effektive Maßnahme. Sich die Wut, Sorgen, Kummer, Angst rauszuschreiben und sie ganz ehrlich vor sich selber zu benennen, kann einen nach dem emotionalen Hurrikan die Dinge rational ordnen und wieder Klarheit sehen lassen. Außerdem beendet diese Maßnahme das Kopfkino und das Wälzen der Probleme.

Wir alle machen ähnliche Erfahrungen, in unterschiedlicher Art & Weise und zu unterschiedlichen Zeiten in unserem Leben. Somit sind wir weder alleine mit unseren Problemen, noch wissen es die anderen besser. Jeder sucht den für ihn besten Weg, um auf die Lösung zu kommen. Unsere Lebenserfahrung können wir teilen sowie auch großzügig mit denen umgehen, die gerade mitten in einer Herausforderung stecken, die wir schon hinter uns gebracht haben, als auch unsere Hilfe anbieten, falls sich jemand mal recht schwer mit etwas tut, was uns leicht fällt. Ob bewusst gewählt oder unfreiwillig in die Situation gekommen, das Leben leitet uns und schickt Menschen in unser Leben. Dankbarkeit und Liebe für die Menschen, die bereits in unserem Leben. Sie sind ein Geschenk. Alles ist gut.

 

Persönlicher TIPP: Weil ich ein großer Fan davon bin, möchte ich dir empfehlen entweder regelmäßig zu meditieren oder damit zu beginnen. In schwierigeren, herausfordernden Zeiten profitiert man davon enorm. Es stellt sich eine gewisse Gelassenheit, Dankbarkeit, innere Ruhe und Frieden ein. Probiere es einfach aus: im Straßenverkehr, wenn du versucht bist, hupen zu wollen oder dich über den anderen Autofahrer zu ärgern, beim Stress im Job, in der Küche, wenn dir das Mehl runtergefallen ist, im Supermarkt in der Schlange. Die Calm-App kann ich sehr empfehlen, weil man ganz individuell einstellen kann, ob man einen Gong alle paar Minuten möchte, in vollkommener Stille oder eine geführte Meditation wünscht.

 

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