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  • AutorenbildJosephine

Spieglein, Spieglein

Ob man eine Mauer um sich gezogen hat, eine Maske im Gesicht trägt oder das Herz gleich ganz in einem innerlichen Keller weggesperrt hat, alles bezeichnet den Schutz vor befürchteten Schmerzen. Der Schutz mag als Abwehr vor anderen und Ereignissen (unbewusst) gedacht sein, doch er zieht auch einen Graben in uns selber und trennt uns damit innerlich, von unseren Fähigkeiten, unserer Freude und dem Ausleben unserer wahren Persönlichkeit und Eigenschaften, die uns ausmachen. Weil wir uns eben zurücknehmen.

It’s not what happens to us, it’s what we do with it. Joseph Campbell

In den ersten sieben Lebensjahren macht ein Kind unzählige Erfahrungen zum aller ersten Mal. Dieser kleine Mensch muss eine Menge Dinge lernen wie Krabbeln, Laufen, Sprechen, Essen, Trinken, Spielen, Schreiben, Lesen, Fahrrad fahren etc. Neben den typischen, überlebenswichtigen Sachen, lernt es auch, was es darf und was es nicht darf. Ein Kind beginnt komplett bei Null und lernt durch die Beobachtung seines Umfeldes, das heißt Eltern, Großeltern, Geschwister, Spielkameraden etc. Kinder sind exzellente Beobachter und Nachahmer. Erwachsene sind ihre einzigen Bezugspersonen und so werden sie in den Augen des Kindes zu Vorbildern gemacht oder zu Verkehrs- bzw. Warnschildern, die einem die Richtung weisen. Wenn ich das mach, wird Mama traurig. Papa wird wütend, wenn ich das nicht mache. Also zieht das Kind blitz schnell Rückschlüsse aus dem Verhalten seiner Bezugspersonen und passt sein Verhalten an, um eine Reaktion bei den Bezugspersonen zu umgehen. Für ein kleines Kind geht es stets um die Existenz in Form von Nahrung und liebevoller Zuneigung. Wie das Kind das Verhalten der Eltern deutet und darauf reagiert, ist vollkommen individuell. Betrachtet man zehn Kinder in einer bestimmten elterlichen Situation, so wird man zehn verschiedene Reaktionen und persönliche Empfindungen auf das Erlebte feststellen. Jedes Kind kommt mit seiner angeborenen Einzigartigkeit auf die Welt.

Warum der Blick auf die Kindheit, wenn ich erwachsen bin?

Weil uns die Konditionierung von damals heute noch prägt. Das „Zwiebelprinzip“ kennt man eigentlich vom Übergang der Jahreszeiten – über das T-Shirt wird noch ein Pulli gezogen und eine Jacke mitgenommen, welches umgekehrt alles ausgezogen werden kann, wenn einem zu warm wird oder wieder angezogen, wenn es einem kalt wird. Ähnlich ist es beim menschlichen Verhalten, wobei „schnell“ an/ausziehen hier relativ ist und dennoch notwendig. Jedes Erlebnis bildet eine Erfahrung, und somit eine Schlussfolgerung, die der Menschen zieht – man könnte also sagen, eine Zwiebelschicht. Oft sind es die negativen Erlebnissen, die Auslöser dafür werden, sich eine dicke Schicht zuzulegen. Irgendwann steht man da und hat sich so viele Schichten zugelegt, dass man nicht mehr weiß, wer man eigentlich ist, wie man denkt, fühlt und was einem eigentlich Spaß macht. Die Schichten verhindern den Zugang zu einem selber und zu seinen Zielen sowie Wünschen. Eltern, Großeltern, Geschwister, Mitschüler, Lehrer, Erzieher, Freunde, Liebespartner, negative Erlebnisse, Verlust, Kummer, Trauer – sie alle repräsentieren eine solche Schicht und Meinung über das Ereignis oder die Person. So entstehen dann auch Glaubenssätze über das Leben, Menschen, Männer, Frauen, Kinder, Geld, Chefs, etc.

  1. Die Meinung, die wir über eine Sache haben, entscheidet über den Weg, den wir einschlagen.

  2. Die Ergebnisse, die wir im Leben produziert haben, basieren auf den Entscheidungen, die wir getroffen haben.

  3. Und unsere Entscheidung haben wir sowohl bewusst, wie unbewusst gewählt, aufgrund der Bewertung unserer Erfahrungen.

Ich mache die Welt, wie sie mir gefällt

Im Verlauf unserer Kindheit haben wir uns ein eigenes Weltbild kreiert, nachdem wir die Erlebnisse wahrnehmen und einordnen – unsere ganz persönliche Logik der Dinge und unser eigener Blick auf die Welt. Alles was wir erleben, wird nun diesem Bild passend gemacht, wie ein Puzzlestück, das ins Gesamtbild eingefügt wird. Wir sehen und erleben die Welt mit unserer eigenen Wahrnehmung. Dieses Weltbild wird über die Jahre kultiviert und konsequent wiederholt/ trainiert. Logisch, dass nach zwanzig, dreißig, vierzig etc. Jahren, es einfach unheimlich schwer wird, diese trainierten Muster wieder abzulegen, sollten sie einem nun nicht mehr dienlich sein.

Warum die eigenen Muster hinterfragen und sie gar ablegen?

Es kommt der Punkt, früher oder später, da ist man mit dem Verlauf und den Ergebnissen in seinem Leben nicht wirklich glücklich. Es erfüllt einen nicht, auch wenn man vermeintlich sogar erfolgreich ist. Die Welt verändert sich, man selber wird älter und hat andere Ziele, als noch zu Teenagerzeiten. Und irgendwann passt die Einstellung, die man zur Welt hat, nicht mehr, und man realisiert, dass man mit der Sicht auf die Welt und Menschen, seine Wünsche nicht erreichen wird.

Die inneren Zwiebelschichten, die wir über die Jahre aufgebaut haben, haben eine Distanz zu uns selber geschaffen. Sie verhindern, dass wir wissen, wer wir wirklich sind, was wir wollen. Der Autopilot ist vollaktiv gewesen. Um authentisch und wahrlich erfüllt in allen Lebensbereichen sein zu können, ist es entscheidend, sich selber zu kennen – seine Geschichte, um dann Frieden machen zu können und eine neue Wahl für die Zukunft zu treffen, neue Entscheidungen. Anders ausgedrückt – kenne deine ganz eigene persönliche Story, mache Frieden mit ihr, wenn da etwas ist, dass du nicht wahr haben möchtest, erkenne dich, in dem du dein wahres Ich von den konditionierten Schichten befreist und schaue dann, wie du deine Ziele erreichst, die dir vorher verwehrt waren, unerreichbar schienen. Und lebe aus dir heraus mit all deinen angeborenen Fähigkeiten. Denn die Zwiebelschichten sind genau das – innere Mauern, die dich davon abhalten, du zu sein. Individuell, einzigartig und besonders. Nimmst du dich, dein Erlebtes, deine Story an, macht es dich einzigartig, denn durch das ganze Erlebte hast du dir weitere Fähigkeiten und wertvolles Potenzial angeeignet. Dadurch bist du zu 100% einzigartig und kannst anderen Menschen helfen, sie auf ihrem Weg unterstützen und inspirieren. Große Persönlichkeiten faszinieren uns, weil sie sich leben, so wie sie sind. Es geht darum sich zu lieben, sich anzunehmen mit seinen Stärken und Schwächen, zu erkennen, dass man genau richtig ist, so wie man ist, ohne sich zu vergleichen und anders sein zu wollen.

Um ganz wir selbst zu sein, müssen wir unser wahres Selbst zulassen. So einfach ist das. Es liegt nur an uns, wenn es schwer erscheint. John Strelecky | Das Café am Rande der Welt

Spieglein, Spieglein an der Wand

In zwischenmenschlichen Beziehungen werden uns unsere Wünsche gespiegelt. Und auch unsere tiefliegenden Schmerzen. Durch das Miteinander hat jeder Mensch die Möglichkeit bei sich zu schauen, was er gerade lebt oder unterdrückt. Hat der andere etwas, dass ich auch gerne hätte, ich weiß aber nicht, wie ich es erreichen kann. Warum fühlt sich das gerade nicht gut an und ich werde traurig oder wütend, wenn der andere das sagt oder tut? Als Kinder haben wir uns schützen müssen. Doch als Erwachsene brauchen wir diesen Schutz nicht mehr und können mit dem Mauerbau aufhören. Unsere Aufgabe im Leben hat sich nun geändert – nämlich die zugelegten Schichten wieder abzutragen. Wir können jetzt für uns selber sorgen.

Wozu das alles?

Am Ende ist Erfolg nicht alleine der, der sich mit Zahlen und Euros darstellen lässt, sondern der, das ein Mensch sein volles Potenzial lebt und individuell großartig ist. Mit all seinen Erfahrungen und seinem persönlichen Weg. Lebt ein Mensch sich voll aus, schätzt er dann auch die Individualität in anderen und sucht regelrecht nach Leuten, mit denen er zusammensein oder etwas kreieren kann. Die innere Haltung ändert sich von Nehmen zu Geben und dahingehend, etwas erschaffen zu wollen für die Menschen um sich. Vom Ich zum Wir. Das drängende Suchen im Außen nach Lob und Anerkennung hört auf, wenn man sich bewusst über seine Fähigkeiten wird und von den Menschen nichts mehr „will“. Die Kette wird unterbrochen, nach der verletzte Menschen immer weiter verletzten. Stattdessen entstehen Wertschätzung, Liebe, Mitgefühl und Gemeinschaft.

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